Truth is one step before action | unfinished business

theatre | text & dramaturgy & interaction design

Also flog ich in die Welt und sah, dass der Satz wahr war: Hier war es schlechter als dort, wo ich herkam. Doch ich sah auch, dass das Hier und das Dort miteinander verbunden waren. Dass das Hier und das Dort ein- und derselbe Ort waren. Ich flog zurück in die Theater, sprach mit der vorherigen Generation: Der Meeresspiegel steigt, weil wir. Die Schere zwischen Arm und Reich weitet sich, weil wir. Das koloniale Erbe sind Kriege und Vertreibungen, weil wir. Das Publikum lachte und sagte: Das wissen wir schon längst. Du hättest dir die Flüge sparen können. Wenn ihr es schon wusstet, sagte ich, warum ist es dann noch immer so?

Wie kommt ein Mensch dazu, etwas für wahr zu halten? Nichts scheint so unschuldig wie die reine Beobachtung, die Aufnahme. Während zwei Jahre stellte unfinished business Menschen vor die Kamera, denen sie auf ihren Reisen begegneten, zeigte ihnen eine undefinierte Landschafts- oder Stadtaufnahme, und baten sie zu erzählen, was sie sahen. Entstanden sind dabei poetische Einblicke in die Art, wie Menschen die Welt wahrnehmen, was sie in sie hineinsehen und was es über sie selber erzählt. Die Welt wird zum Spiegel der eigenen Vor- und Einbildung. Truth is one step before action verwandelt das Theater in einen begehbaren Denkraum, in dem verschiedene Ton- und Bilderebenen zerfliessen, der dem Gesehenen und Gesagten eine Vielstimmigkeit gibt, ohne sich mit der Beliebigkeit abzufinden. Es gibt sie nicht, die eine Wahrheit, und dann wiederum: es gibt sie doch.

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10.-13. October 2019 | Tojo Theater Bern (CH) | unfinished business